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von Rupert Lienert

Die erste Kirche entstand wohl um 1150 als Stiftung des Geschlechts der Diepertskirchner, die bis Ende des 15. Jahrhunderts einen Edelsitz im heutigen Lippertskirchen hatten und die sich in ihrem Wappen mit zwei Kirchen schmückten.

Etwa um 1390 wurde die erste steinerne Kirche in Au im gotischen Stil erbaut, also um die Zeit, in der Au als Filiale von Elbach an das Kloster Scheyern auf dem Tauschwege gelangte. Der Turm wurde von der alten Kirche übernommen und ist durch seine lang ausgezogene Spitze, die er erst 1736 erhielt und die bis 61 Meter in den Himmel ragt, zum Merkzeichen in der Landschaft geworden.

Ein Jahr nach der Sendlinger Mordweihnacht 1705, an der 1100 aufständische Bauern, auch mit Teilnehmern aus Au, von  österreichischen Soldaten vor den Toren Münchens niedergemetzelt wurden, gründete am 29. August 1706 Matthias Neff,  Pfarrer von Au (1698 – 1722), die Bruderschaft Maria Trost. Die Bruderschaft erhielt einen überaus starken Zulauf, der 1719 Anlass für den Bau einer größeren Kirche gewesen sein soll. Möglicherweise wollte man auch nur mit der Filialgemeinde Litzldorf gleichziehen, die schon seit 1708 eine neue große Kirche hatte. So nahm der schon hochbetagte Pfarrer Neff im Jahre 1719 den Neubau der Pfarrkirche in Angriff.

Sie wurde nach den Plänen von Wolfgang Dientzenhofer, Sohn schlichter Bauersleute aus Au und späterer Stadtbaumeister von Aybling, durch Abraham Millauer von der Hausstätt in der Zeit von 1719 -1723 errichtet. Baukommissär war der damalige Benefiziat Stephan Maier. Außer den Steinen aus der alten Kirche wurden zum Neubau auch die Steine der seit 1603 verlassenen Burg Altenwaldeck, aus der die Diepertskirchner stammen, verwendet, so dass der Kirchenbau nur etwas über 6000 Gulden (fl) zu stehen kam, wobei 3000 fl für Hand- und Spanndienste, die umsonst geleistet wurden, und das geschenkte Holz in Abrechnung gebracht sind. Die umliegenden Kirchengemeinden leisteten mit zinslosen Darlehen große finanzielle Hilfe.

Die Einweihung der Kirche fand am 27. August 1723 durch den Freisinger Fürstbischof Franz Eckher, der schon die St. Michael-Kirche in Litzldorf geweiht hatte, statt.

2016 – 2018 wurde die Kirche innen und außen durchgreifend restauriert.

Architektonisch ist die Kirche außen wie innen ein stattlicher, stolzer Bau. Der Innenraum verfügt über eine außergewöhnliche Schönheit und ist klar durchkonstruiert und gegliedert. Dank der großbemessenen Fenster verfügt das Kirchenschiff über eine reiche Lichtfülle. Im Langhaus sind als Gliederung, mit korinthischen Kapitellen besetzte Pilaster und im Chor sogar Doppelpilaster eingezogen. Auf ihnen ruht ein mächtiges Tonnengewölbe mit kleinen Stichkappen und Quergurten, zwischen den Pfeilern sind Längsgurte. Die bemerkenswert hervorragende Stuckarbeit am Gewölbe zeigt Akanthusranken, an den Stichkappen Engelsköpfchen und kleine Kartuschen. Die Quergurte sind mit Rosetten geschmückt, Stuck, der in zartem Rot, Gelb und Grün auf blendendem Weiß vorteilhaft in Kontrast gesetzt ist.

Die Hauptbilder am Gewölbe stellen Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons, des hl. Martin, dar: die Berufung, eine Totenerweckung, ein Sakramentswunder und den Tod des Heiligen. Alle Gemälde am Gewölbe wurden 1864 an Stelle der ursprünglichen Bilder von dem Münchner Maler Thomas Guggenberger geschaffen und wollen nicht recht zum Barockstil der Kirche passen. Im Presbyterium sind vom gleichen Maler die Bilder der 14 Nothelfer und der 12 Apostel angebracht. Die acht symbolischen Darstellungen rechts und links von den Hauptgemälden im Langhausgewölbe versinnbildlichen die acht Seligkeiten. In den vorderen vier Stichkappen des Kirchenschiffes sind die Bilder der vier Evangelisten; in den hinteren die Bilder der vier Kirchenväter: Ambrosius, Augustinus, Gregor der Große und Hieronymus. Vor dem Chorbogen mit zehn Stuckengelsköpfen und der Uhr sitzen in einer Kartusche des Gewölbes, im Kreis angeordnet, sieben Engel in farbigen Gewändern um eine Heiliggeisttaube.

Der Hochaltar und zweider Seitenaltäre stammen aus der Erbauungszeit der Kirche und sind gute Arbeiten der Barockkunst. Das Hochaltarbild zeigt in Lebensgröße den Pfarrpatron in Rittergewandung auf dem Schimmel, wie er dem Bettler ein Stück seines Mantels reicht. Dieses Bild wurde 1912 von dem Münchener Kunstmaler  Hans Kögl  neu gemalt, nachdem das ursprüngliche Bild 1911 verbrannt war. Die vier schlanken mit korinthischen Kapitellen und verschiedenem Schnitzwerk  versehenen Säulen stützen den Aufzug mit dem Bild des Erzengels Michael, das ebenfalls ein Werk Kögls ist. Sie bilden den Rahmen des 1783 von Joseph Götsch geschaffenen schönen Tabernakel.

Der rechte Seitenaltar ist der Bruderschaftsaltar. Deshalb sind auf ihm die Bruderschaftsheiligen in Anlehnung an den Kupferstich von Michael Wening abgebildet: Das Altarbild zeigt das Gnadenbild „Maria Trost“, im Medaillon die Gottesmutter Maria mit ihrem Sohn, wie sie der hl. Monika und ihrem Sohn, dem hl. Augustinus, erscheint, als sich Monika nach dem Tode ihres Gemahls Patrizius verlassen fühlte und um Hilfe und Trost bittet. Sie trägt dabei den schwarzen Augustinerhabit mit einem Ledergürtel. Maria versprach Monika und allen anderen, die ihr zu Ehren den schwarzen Gürtel tragen, den das Jesuskind demonstrativ dem Betrachter zeigt, ihren besonderen Schutz und Trost. Der Hauptförderer der Bruderschaft, der Augustiner-Heilige Nikolaus von Tolentin (1245-1305), der im Auszug des Altarbildes dargestellt ist, veranlasste viele Gläubige ebenfalls diesen Gürtel anzulegen. Reiches Akanthusschnitzwerk schmückt den Altar, auf den Vitrinen mit Votivgaben gestellt sind. Das Altarbild hat 1723 im Auftrag von Matthias Neff der Maler Johann Vicelli, Aybling, für 10 fl gefertigt.

Durch den linken Seitenaltar wird die ehemalige Zugehörigkeit zum Benediktinerkloster Scheyern durch den Benefiziumsaltar zum Ausdruck gebracht. Das Altarbild zeigt das Gemälde „Mutter der schönen Liebe“, darunter den hl. Benedikt mit seiner Schwester, der hl. Scholastika, mit der Auer Kirche. In der Bekrönung ist der hl. Matthias, der Namenspatron des Altarstifters Matthias Neff, abgebildet.

Vor diesem Altar steht eine schöne gotische Skulptur der Mater Dolorosa eines unbekannten Meisters. Jeweils dem Verlauf des Kirchenjahres entsprechend wird diese Figur ausgetauscht durch eine Staue des Hl. Herzen Jesu, dem Auferstandenen oder mit einer Figur Maria Königin.

An einem Stützpfeiler der Nordseite ist ein wertvolles Kreuz von 1600 angebracht, es ist eines der wenigen Überreste vom Kreuzaltar der alten Kirche. Es zeigt einen leidenden Heiland voll himmlischer Ergebenheit bei allem Schmerz.

Aus der gleichen Zeit dürften die beiden Engel auf halber Höhe der Chorpfeiler, sowie die schöne Anna-Selbdritt-Plastik stammen, die gegenüber dem Kruzifix angebracht ist.

Der Kreuzweg entstand 1735, geschaffen von dem Italiener Antonius Castiglione. Bemerkenswert ist ein Taufstein aus Rotmarmor ebenfalls aus dem Jahr 1600.

Erwähnenswert sind noch drei schöne Skulpturen: der hl. Konrad am rechten Emporenaufgang und der hl. Josef sowie der hl. Antonius am nördlichen Ausgang.

Die Westseite des Kirchenschiffs wird von einer Doppelempore eingenommen mit einer Orgel, die aus dem Jahre 1884 stammt.

Unter der Emporenstiege sind zwei Grabsteine befestigt, die sich vormals im Pflaster der Kirche befanden. Sie zeigen dort begrabene Pfarrer und Benefiziaten. Bemerkenswert ist der Grabstein des Wolfgang Erlmooser, Pfarrer von Au, + am 25. April 1600. Darauf ist das interessante Relief des Verstorbenen in ganzer Figur  mit Chorrock, den Rosenkranz um die Hände zu sehen.

Auf der Männerempore ist eine kleine, schön geschnitzte, dem barocken Stil nachempfundene Tafel angebracht, die den Gefallenen des ersten Weltkriegs gewidmet ist.

An der linken Seite des Hochaltars ist das Grab des Bauherrn der Kirche, Matthias Neff. Die Grabplatte, die in die Wand eingelassen ist, enthält in Stein gemeißelt eine Aufforderung an die Kirchenbesucher in lateinischer Sprache:

„Bleib hier stehen Wanderer! Und schau der hiesigen segenspendenden Erzbruderschaft der sel. Jungfrau Maria vom Troste edlen Tröster: Es ist der Hochwürdigste Herr Matthias Neff, der 5 Jahre Kaplan in Aibling, 15 Jahre Benefiziat und 30 Jahre Pfarrer, (doch davon 3 Jahre freiresigniert) hier in Au war. Selbst Jubilar starb er im Jubeljahr (1725) am 17. Mai. Immer, solange er lebte, war er ein Matthias d.h. ein Geschenk Gottes, dem Namen nach und in der Tat in Rücksicht auf sich selbst und auf den Nächsten, indem er in Bezug auf sich selbst durch seine Frömmigkeit und Verzichtleistung auf sein Hab und Gut stets Gott und durch seine gewissenhafte Amtsführung und freigiebige Wohltätigkeit gegen die Armen und die Kirche auch ganz dem Nächsten gehörte. Außer 1500 fl für die zwei neuen hiesigen Seitenaltäre, zur Gründung zu einer Monstranz und zum Ornat usw. für seine Erzbruderschaft gespendet, setzte er diese (die Bruderschaft) schließlich zur Erbin von noch 2500 fl ein, damit sie nicht im Gegensatz zu ihrem Namen (Maria Trost) trostlos oder verwaist würde. Jetzt aber im Himmel wird er umgekehrt aus dem Testator der Erbe der Jungfrau vom Troste, der Mutter Maria, ja sogar des ganzen Trostes von Gott selbst sein. Wenn aber doch vielleicht dieses glückliche Los noch nicht vollständig über Matthias gefallen wäre, wie über ihn, so könnte es jetzt und seinerzeit auch über dich fallen… Du, bleib hier stehen, Wanderer (= Erdenpilger), und bete!

Ja, wenn die Steine sprechen könnten, sie wüssten viel zu erzählen. Von den tüchtigen und opferbereiten Menschen, die 1719 bis 1723 die Kirche bauen halfen, von den genialen Meistern, die ihr ganzes Können in den Dienst Gottes stellten, von dem guten Pfarrherren, dessen ganze Liebe seinen Pfarrkindern und seiner Kirche galt, von den Unzähligen, die im Laufe von 300 Jahren Trost und Erbauung in der Kirche gefunden haben, von den vielen, die hier gebetet haben und nicht mehr sind, sondern draußen um die Kirche im stillen Frieden ruhen…. 

Aber auch ihre stumme Sprache nötigt uns Achtung und Ehrfurcht ab vor dem Meisterwerk, vor dem Gotteshaus, vor der Gottesliebe der Vorfahren und so verkündet uns die Pfarrkirche in Au als bleibendes Zeugnis von einem Stück Heimatgeschichte.

Rupert Lienert, 2023

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